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alter und neuester Zeit, ja zuweilen sehr massenhaft, Spuren dieses Lebens ausser Zweifel stellen. Um die Formen der Vorzeit mit einiger Wahrscheinlichkeit richtig zu beurtheilen, war es nöthig, das jetzige Leben der Erde in seinen Formen genau zu kennen; um dies aber zu können, d. h. um geographische Uebersichten über das kleine jetzige erdbildende Leben zu gewinnen, benutzte der Vf. mit Ausdauer und vielfachen Opfern jede Gelegenheit, aus allen nur zugänglichen Gegenden sich Erdproben zu verschaffen durch eigene Sammlungen, durch Aufträge an Reisende, durch Benutzung der sparsamen Erdanhänge, die sich in Herbarien an Pflanzen erhalten hatten, durch feine Steinschliffe u. s. w. Hier liegt nun das Resultat einer in dieser Weise 14 Jahre mit Beharrlichkeit durchgeführten Untersuchung vor, für welche zugleich die Belege durch eine sinnreiche Aufbewahrungsmethode Jedermann und zu jederzeit vor Augen gelegt werden können. Für alle auf den 41 Tafeln abgebildeten, und für alle im Texte genannten durch Kreuze bezeichneten Formen sind die Originale zur Vergleichung aus allen Theilen und Altern der Erde sorgfältig aufbewahrt. Alle diese, auch für die Geologie so wichtigen Formen theilt der Verfasser in 2 Reihen, von welchen die eine die des süssen Wassers und des Festlandes über dem Meere, die andere die des Meerwassers und dessen Producte (Kieseltheile und Kalktheile) umfasst. Die erstere besteht aus 4 Classen: Polygastern, Polycystinen, Phytholitherien, Geolithien, die letztere aus 2, Polythalamien und Zoolitherien. Andersartige feste organische Theile giebt es nicht, z. B. keine Thonorganismen, keine Eisenorganismen u. s. w. Alle diese Organismen zerfallen in Süsswassergebilde, Meeresgebilde und in von der Atmosphäre getragenes Leben. Der Atlas von 41 Tafeln mit mehr als 4000 Abbildungen und mit 25 Bogen Erklärung ist hier schon vollständig gegeben, der Text aber umfasst bis jetzt nur die Süsswassergebilde mit Ausschluss von Nordamerika und Europa, welche erst später folgen sollen. Für Geognosie und Geologie werden nicht unerhebliche Winke gegeben, die Wirkungsart der Vulkane erhält hier einen ganz neuen und eigenthümlichen Ausdruck; das Erdeessen verschiedener Völker, die Staubnebel des atlantischen Dunkelmeeres, der Passatstaub, der Blutregen, das Vorkommen von Blut in Brot und Speisen, der atmosphärische Staub u. m. a. finden eine genaue Erläuterung. Was den speciellen Inhalt betrifft, so sind 836 Analysen gemacht worden, die sich übersichtlich folgendermaassen vertheilen: Neuholland, westliches, südliches, östliches; Südpol, Humusboden der Cockburn-Insel; Australien: Van Diemens-Insel, die kleinen Inselländer Australiens.

Asien: Kaukasus-Länder, Pontisches Gebirg und Tschoruk-Gebiet, Hochland Armenien im Euphrat- und Murad-Gebiet, im Araxes- und Kur-Gebiet; die eigentlichen Kaukasusländer; vorweltliches Süsswasserleben derselben; Kleinasien oder Anatolien nebst dem vorweltlichen Leben desselben; Syrien und Palästina; Arabien, sinaitisches, Hedjas und Jemen; Uralgebirg, Sibirien; Altaigebirg, Mongolei, Himalayagebirg im mittleren und Centralasien; Persien und Beludschi

stan; Vorderindien oder Hindostan, Nilgherrigebirg, Coromandel; Bengalen und der Ganges; Hinterindien mit Tenesserim, China, Japan; Indischer Archipel, Insel Luçon, Timor, Borneo, Java, Barren-Eiland; Nicobareninseln, Car-Nicobar, Schaury, Teressa, Camorta, Nongcovry, Catschall, Klein- und Gross-Nicobar, Ceylon; Vorweltliches Leben des indischen Archipels, Süsswasserformen in Auswurfsstoffen, Luftstaubströmungen, Passatstaub und Blutregen in Asien. Afrika: Aegypten bis zu den Katarakten, Nilmündungen und Küstenpuncte, Nil und Landbildungen im Delta, Küstenland Lybiens bei Tripolis und Tunis, Oasen der Sahara Siwah und Fezzan, vorweltliches Süsswasserleben des nördlichen Afrika; Habessinien, oberes Nilgebiet, westliches Mittelafrika; Südafrika: Zankebar, Mosambik, goldreiches Sofala, westliches tropisches Afrika, Südspitze Südafrikas (Cap der guten Hoffnung); Afrikanische Inseln, Seschellen, Zankebar, Comoreninseln, Querimbainseln, Mascareneninseln, Helena, Kerguelensland, Ascension, Inseln des grünen Vorgebirges (Capverden: Majo, Do-Sal, St. Vincent, St. Antonio); Canarische Inseln, Teneriffa, Madeira, Porto Santo; Azoren, St. Michael. Amerika, südliches, Inseln der Südspitze: L'hermite am Cap Horn, Feuerland, Maluinen; Festland Südamerikas: Patagonien, Chonosund Chiloe-Inseln, Araucanien, Valdivia, Volcan de Osorno; fossiles Süsswasserleben der Südspitze Südamerikas; Chile, Lima und Peru mit der Insel Fernandez; vorweltliches Leben daselbst; Brasilien, und fossiles Leben daselbst; Cayenne, Surinam, Britisches Guiana; Columbien Venezuela, Neugranada, Ecuador und deren fossiles Leben; Galapagos- und Albemarle-Inseln, Jamesinsel, Charlesvulkan; Antillen: Trinidad, Barbados, Martinique, Guadeloupe, Montserrat, Portorico, St. Domingo (Haiti), Jamaica, St. Thomas, Cuba. Fossiles Leben daselbst. Central-Amerika oder Guatimala; Mexiko. Zu den vorzüglich schön ausgeführten Kupfertafeln ist 1) eine alphabetische Uebersicht des Dargestellten in folgender Ordnung gegeben: organische Süsswasserbildungen, organische Meeresbildungen und anorganische Gebilde, und 2) eine geographische und geognostische Uebersicht, die sich in Atmosphäre, Erdfestes der neuesten Zeit, der Tertiärzeit, Secundärzeit und Primärzeit gliedert, und die vulkanischen Auswürflinge zugleich betrachtet. Ein ausführliches Namenregister der auf den Tafeln abgebildeten einzelnen Formen von Polygastern, Polycistinen, Phytolitherien, Polythalamien, Mollusken, Zoophyten, Pflanzen, anorganischen Körpern u. s. w. dient wesentlich dazu, sofort sich über den Ort der Darstellung zu unterrichten, während die Erklärung der Kupfertafeln sich natürlich nur auf die auf den einzelnen Tafeln abgebildeten Gegenstände beschränkt.

[15] Neue Untersuchungen über die physicalische Geographie und die Geologie der Alpen von Ado. u. Herm. Schlagintweit. Leipzig, T. O. Weigel. 1854. XVI u. 630 S. gr. 4. m. ein. Atlas von 22 lith u. lithochrom. Tafeln und 8 Erläuterungsblättern in gr. Fol. (n. 24 Thlr.)

Den Gebrüdern Adolph und Hermann Schlagintweit verdankten wir schon im Jahre 1850 ein treffliches Werk über die physikali

schen Zustände der Alpen; die rüstigen Gebirgsforscher, welche jetzt im Begriffe sind die Gipfel des Himalaja zu ersteigen und auch in jenen höchsten Erhebungen des Erdbodens ihre sorgfältigen Forschungen über die Physik der Gebirgsketten fortzusetzen, haben uns kurz vor ihrer Abreise dahin mit einem neuen Prachtwerke über die Alpen beschenkt, für dessen Erscheinen und glänzende Ausstattung wir namentlich auch dem Herrn Verleger T. 0. Weigel dankbar sein müssen, denn es ist sicher in Deutschland ein gewagtes Unternehmen, eine wissenschaftliche Arbeit von solcher Ausdehnung in so schöner Form herauszugeben. Der Zweck dieser Blätter gestattet uns nicht eine specielle Besprechung des Werkes in allen seinen Theilen, wir können hier nur eine allgemeine Uebersicht des Inhaltes geben und bei einzelnen Abschnitten Bemerkungen daran anknüpfen.

Das Ganze ist in vier Theile gesondert. Der erste Theil enthält auf 104 Seiten zahlreiche und meist neue hypsometrische Bestimmungen in den westlichen Alpen. Als glänzendstes Resultat ist die erste Barometermessung des Monte - Rosa - Gipfels, zu 14284 Par. Fuss, hervorzuheben. Aber auch sehr viele der übrigen neuen Messungen und ihre Vergleichungen mit älteren sind von grosser Wichtigkeit, sie erweitern sehr bedeutend unsere Kenntniss von den Niveauverhältnissen der Alpen, doch hätten wir geglaubt, dass in diesem Theil, durch kleineren, gedrängteren Druck der Beobachtungs- und Rechnungsunterlagen eine Raum- und somit auch Kostenersparniss leicht möglich gewesen wäre, da für die gewöhnliche Benutzung doch eigentlich nur die Endresultate wichtig sind, welche in einer verhältnissmässig kleinen Tabelle leicht übersichtlich zusammengestellt werden konnten.

Der zweite Theil von A. Schl. verfasst enthält auf 152 Seiten geologische und physikalische Untersuchungen. Alles Geologische erscheint uns in diesem wie in dem früheren, mehr die östlichen Alpen betreffenden Werke der Vff. am wenigsten bedeutend. Wir finden darin kaum etwas Neues von wesentlicher Bedeutung und aus der Verkennung mancher Erscheinungen glauben wir schliessen zu dürfen, dass die Geologie die schwächste Seite der so vielseitigen und so überaus thätigen Forscher ist. Beispielsweise wollen wir hier nur erwähnen, dass A. Schl., hierin allerdings dem grossen L. v. Buch folgend, der bekanntlich ein merkwürdiges Vorurtheil gegen alle Gletscherbeobachtungen nährte, die geologischen Wirkungen der Gletscher wohl kaum richtig erkannt und gewürdigt hat. Sollte auch wirklich, wie der Vf. behauptet, eine gegenseitige Verschiebung von Gesteinsschalen, in den Alpen wie anderwärts hie und da innere Reibungsflächen hervorgebracht haben, die später zufällig freigelegt worden sind, so ist es dem Ref. doch unbegreiflich, wie man es nach sorgfältiger und unbefangener Untersuchung noch unternehmen kann, die ausserordentlich deutlichen Abrundungs-, Reibungs-, Glättungs- und Stützungs-Phänomene z. B. im Haslithale dadurch und wenn auch nur theilweise zu erklären. Hier stehen alle

diese Erscheinungen in so inniger Verbindung unter einander und mit den weit transportirten und gerade so hoch wie die Schliffflächen an den Gehängen hinauf reichenden Moränenblöcken, dass jeder Zweifel gegen die Eiswirkung schwinden muss. Gleiches gilt aber von vielen andern Alpenthälern. Wir müssen uns jedoch hier auf diese einfache Bemerkung beschränken, da ein Gegenbeweis für den vorliegenden Zweck zu weit führen würde. Ohnehin müssen wir bedauern, dass der Vf. jetzt auf lange Zeit der Möglichkeit beraubt sein dürfte, seine Ansicht zu vertheidigen. Sind nun aber auch die geologischen Resultate der vorliegenden mühevollen Arbeit mehrerer Jahre nicht sehr bedeutend zu nennen, so sind das um so mehr die der übrigen erdphysikalischen Forschungen. Der zweite Theil enthält hierzu gehörend noch Untersuchungen über die Menge der Kohlensäure in den Höhenschichten der Atmosphäre, aus welchen übereinstimmend mit den früheren Untersuchungen von Saussure und Lewy hervorgeht: ,,dass eine Vermehrung der Kohlensäure in den höheren Schichten der Atmosphäre statt findet." Auf freien Erhebungen zwischen 9700 und 13,000 P. F. enthalten nach den Versuchen in den Umgebungen des Monte-Rosa 10,000 Theile Luft im Mittel 7,9, im Maximum selbst 9 bis 9,5 Volumtheile Kohlensäure. Ferner enthält derselbe Theil im Cap. VI Untersuchungen über die Temperatur des Bodens und der Quellen, in Cap. VII Beiträge zur Kenntniss der Vegetationsverhältnisse oberhalb der Schneelinie, und Cap. VIII einen Bericht über die mikroskopischen Organismen auf den höchsten Gipfeln der europäischen Central-Alpen, sowie über das kleinste Leben der bayerischen Kalkalpen, von dem berühmten Infusorienforscher Ehrenberg. Dass diese Zugabe von solcher Hand nur mit dem grössten Dank aufgenommen werden kann, versteht sich von selbst.

Der dritte Theil, von H. Schl. enthält auf 351 Seiten meteorologische Untersuchungen der verschiedensten Art. Er bildet den gediegensten Kern des ganzen Werkes und verdient wohl in jeder Beziehung die grösste Anerkennung. Seine 7 Capp. führen die Ueberschriften: Beobachtungen über die täglichen Veränderungen der Temperatur in den höheren Thälern der Alpen. Beiträge zur Kenntniss der mittleren Temperaturvertheilung. Ueber den Gang des Barometers. Bemerkungen über das Aeroidbarometer. Beobachtungen übor die atmosphärische Feuchtigeit. Ueber einige optische Erscheinungen der Atmosphäre. Ueber die Verbreitung und die Ausdehnung der Gletscher in den verschiedenen Alpengruppen. Der letztere Abschnitt enthält unter andern auch eine Zusammenstellung aller im ganzen Gebiet der Alpen bekannten Gletscher. Daraus ergiebt sich ihre Totalsumme zu 1000 bis 1100. Darunter sind aber alle kleinen secundären Gletscher enthalten, die sich mit oder zu grösseren verbinden, die Zahl der sogenannten primären Gletscher, welche ein selbstständiges unteres Ende darbieten, ist in runder Summe 60. Alle Gletscher zusammen bedecken in den Alpen einen Flächenraum von 55 bis 60 Quadratmeilen.

Der vierte Theil enthält von A. Schl. Beobachtungen über die geologischen Verhältnisse der bayerischen Alpen in den Umgebungen der Zugspitze und des Wettersteines, nebst geologischer Karte. dann von einem dritten Bruder Robert Schlagintweit: Bemerkungen über die physikalische Geographie des Kaisergebirges. Endlich als letztes Cap. von A. und H. Schl.: Erläuterungen zur vergleichenden Darstellung der physikalischen Darstellung der Alpen. Die hierzu gehörige Tafel führt uns die meisten der im Texte betrachteten physikalischen Erscheinungen der Alpenkette bildlich und leicht übersichtlich vor Augen, und diese schwierige Aufgabe ist wie uns scheint, mit eben so viel Geschick als künstlerischem Geschmack gelöst worden. Ueberhaupt bilden den Glanzpunct des ganzen schönen Werkes offenbar die prachtvollen 22 Tafeln in gr. Folio. Sie zeugen gleichzeitig von dem ausserordentlichen Talent der Zeichner, von der trefflichen Wahl der ausführenden Künstler und von der Opferbereitwilligkeit des Verlegers. Möge die letztere ein dankbares Publicum finden; dasselbe wird nicht getäuscht werden, sondern vielseitige reiche Belehrung aus dem Buche schöpfen können. Die kleinen Ausstellungen, welche zu machen wir uns gedrungen sahen, müssen wohl nur um so mehr für die Unpartheilichkeit unseres Gesammturtheiles sprechen. Dass einzelne vorzüglich schön lithochromirte Karten, namentlich auch die des Monte-Rosa und seiner Umgebungen nach den Original-Aufnahmen der Verfasser, und die geologische Karte der Umgebungen der Zugspitze und des Wettersteines in den bayer. Alpen besonders verkäuflich sind (jene für n. 1 Thlr. 10 Ngr., diese für n. 20 Ngr.) wird Denen, welche jene Gegenden bereits kennen oder dieselben zu besuchen gedenken, erfreulich sein.

Länder- und Völkerkunde.

[16] Die canarischen Inseln, ihre Vergangenheit und Zukunft von Dr. Jul. Frhrn. von Minutoli, k. pr. wirkl. Geh. Ŏ.-Reg.-Rath, General-Consul für Spanien und Portugal u.s.w. Berlin, Allgem. deutsche Verlags-Anstalt. 1854. IX u. 259 S. gr. 8. (2 Thlr.)

Diese interessante Monographie hat sowohl einen wissenschaftlichen als einen staatswirthschaftlichen und humanen Zweck. Sie schliesst sich an die wissenschaftlichen Beobachtungen Humboldts, Buchs, Webbs und Berthelots, sowie an die geschichtlichen Werke von Madaz, Berthelot, MacGregor und Leon y Falcon Cuello an, indem der überhaupt sehr bescheiden von sich sprechende Vf. sagt, dass er vorzüglich die vorhandenen Lücken in der Geschichte der Inseln mit demjenigen habe ausfüllen wollen, was er darüber in Archiven und Bibliotheken aufgefunden habe, dass es aber auch sein Zweck gewesen sei, seine zugleich auf eigene Anschauung und Erforschung der Inseln gegründeten Ansichten über die gegenwärtige

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