Page images
PDF
EPUB

Lage derselben, die Bedingungen, Quellen und Verwerthung ihres Bodenreichthums und ihrer Arbeitskräfte daran zu knüpfen, und unter Hinweisung auf die fürsorglichen Maassregeln der Regierung den Canarien ein Prognostikon zu stellen, wie es in Folge rechter Entwickelung der Sachlage wünschenswerth, möglich und wahrscheinlich ist. Er hat somit auch den wichtigen Zweck, auf die traurige Lage und die Verarmung eines sehr grossen Theils der Bevölkerung mit genauer Prüfung der Verhältnisse einzugehen, einer Bevölkerung, welche im Ganzen als eine liebenswürdige, offene, friedfertige, treue und bescheidene, arbeitsame, genügsame und gastfreundliche zu bezeichnen ist, aber sich in Menge zu einer grösstentheils noch unglücklicheren Auswanderung aus den sonst als glücklich gepriesenen lasela veranlasst gesehen hat. Begünstigt durch seine Stellung will er dieser Bevölkerung zugleich selbst mittelbar nützen durch seine gründliche wissenschaftliche Darstellung. In sinniger Weise hat er sein Werk ihrer höchsten mütterlichen Beschützerin gewidmet, Daneben ist dieses Buch auch für die Freunde der Wissenschaft eine recht angenehme und lehrreiche Lectüre. Es beschäftigt sich zuerst mit der Lage, Grösse und Entstehung, den Gebirgen, Vulkanen, dem Klima, den Producten und der Bevölkerung der Inseln im Allgemeinen (S. 1-14). Der verhältnissmässig grösste, geschichtliche Theil (S. 15-85) geht zuerst von den Alten aus, bespricht dann die verschiedenen Eroberungsversuche, handelt besonders auch ausführlich von der Besitznahme der Inseln von Seiten des französischen Ritters Jean de Betnencourt zu Anfange des 15. Jahrh. und von den wechselnden Besitzern und Schicksalen der Inseln, welche nicht geringe Theilnahme erregen und auch in moralischer Hinsicht Ausbeute liefern. Die Geschichte des Madonnenbildes, welches seit 1392 auf Tenerifa bedeutend wurde, das edle, heldenmüthige Verhalten mehrerer Häuptlinge im Gegensatze zu dem treulosen Verfahren einiger spanischer Eroberer und die Kämpfe der Ureinwohner überhaupt verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Eine nicht geringe Zahl von Manuscripten und andern alten Schriften hat der Vf. zum ersten Male benutzt. Der folgende Abschnitt (S. 86-98) legt die Sitten, die Religion, die Gebräuche und die berberische sowie arabische Abstammung der Ureinwohner (Guanchos) dar und enthält gleichfalls viele Specialitäten. Die Schilderung der physischen Beschaffenheit der einzelnen 7 Hauptinseln ist fesselnd, und man bedauert nur, dass dem Werke keine Karten beigegeben worden sind, da die Angaben zwar sehr ins Detail eingehen, aber eine Illustration erfordern. Es folgen darauf die Bevölkerungszahlen aller einzelnen Ortschaften und der ganzen überhaupt (341,335; darunter Frauen 131,920; Miliz 12,470, kräftige Männer für andere Arbeiten 42,575). S. 115 -139 werden die verschiedenen Erzeugnisse und die Cultur der 3 Hauptabschnitte der Inseln, der Küstenstriche, der mittleren Partien und der höheren Theile an den Gebirgen, welche drei concentrische Zonen darstellen und in Bezug auf Cerealien, Gemüse, Fruchtbäume, Waldbäume auffallende Abwechselung zeigen, und dann die wichtig

sten Gewächse einzeln durchgegangen. S. 139-152 behandeln den Viehstand, die Cultur von exotischen, Colonial- uud fremdländischen Gewächsen, die Bewässerungsanlagen und die Waldungen. Der Abschnitt von S. 153-184 beschäftigt sich mit der politischen Eintheilung, dem Militär, der Marine, der Kirche, Schule, Justiz und Administration und giebt viele statistische Uebersichten. S. 185 — 224 gehen ein auf die Communalanstalten, die Industrie, wie Weinbau, Seidenbau und Bau des Zuckerrohrs, der Baumwolle, Südfrüchte, Getreide u. s. w., geben eine schätzenswerthe Uebersicht der dort sich findenden bisher wenig benutzten Fische, sowie die Verhältnisse und die Geschichte des Handels. In dem folgenden Abschnitte (S. 225-240) schildert der Vf. warm und ergreifend die Verarmung, die Entvölkerung und den sittlichen Zustand der Inseln, indem er zugleich darlegt, wie die Unglücklichen durch Verleitung zur Auswanderung noch unglücklicher gemacht werden. Endlich betrachtet er (S. 241-254) die Massregeln der Regierung zur Förderung des Wohlstandes der canarischen Inseln und fügt S. 254 ff. noch einen Schluss bei. Das Ganze bedarf keiner weitern Empfehlung.

[17] Die Krim und Odessa. Reise-Erinnerungen aus dem Tagebuche des Prof. Dr. K. Koch. Leipzig, B. Lorck. 1854. Xu. 224 S. 8. (1 Thlr.) Auch u. d. Titel:

Hausbibliothek für Länder- und Völkerkunde. 3. Bd.

Unstreitig haben die gegenwärtigen Kriegsereignisse die Veröffentlichung dieser Aufzeichnungen einer vor 10 Jahren unternommenen Reise veranlasst. Da sich jedoch in diesem Zeitraume wenig in jenen Ländern wesentlich verändert hat, die etwaigen Veränderungen aber vom Vf. berücksichtigt worden sind, so verringert das Alter den Werth dieser Mittheilungen nicht, und zwar um so weniger, als derselbe hauptsächlich in schätzenswerthen geologischen, botanischen und historischen Notizen beruht. Wem daher die grösseren Reisewerke von Dubois de Montpéreux und Anatol Demidoff, so wie das klassische, allerdings schon 54 Jahre alte Werk des Staatsraths S. Pallas, den der Vf. auffallender Weise nie erwähnt, nicht zugänglich sind, der wird für seine Wissbegierde hier volle Befriedigung finden. Die Reise ging von Toman über Kertsch, Theodosia und Karassabasar, ausser Bakschisarai der einzige, von Tartaren bewohnte Ort, nach Sympheropol und erstreckt sich dann über den felsigen Strich an der Südküste der Krim. Von Bakschisarai aus besuchte der Vf. die interessante,,Judenveste Kaleh" (Dschuffuth-Kaleh), die zu historischen Erörterungen über die karaitischen Juden Veranlassung giebt, beschreibt genau und ausführlich die das Tagesgespräch bildenden Orte Sebastopol und Balaklawa, dann die herrlichen, in den Gebirgsschluchten am schwarzen Meere gelegenen Sommersitze russischer Grossen (Alupka des Fürsten Woronzoff, Maharatsch, Nikita, Oreanda und Livadia) und zuletzt Odessa, von wo aus er seine Rückreise in die Heimath antritt. Ein besonderer Anhang behandelt das Klima, den Boden und die Vegetation der

Südküste der Krim, sowie des südlichen Russlands überhaupt, stellt die aus Bodenbeschaffenheit und Pflanzenwuchs hergenommenen Unterschiede zwischen Steppe, Wüste und Pampas fest und berichtigt den weitverbreiteten Irrthum, als ob die Krim ein besonders fruchtbares und gesegnetes Land sei. Sie ist ihrem grössten Theile nach gerade das Gegentheil und selbst die reizenden südlichen Küstenstriche zeigen unerwartete Rauheit des Klimas und schnellen Wechsel der Temperatur, dem das schlechte Gedeihen mancher Producte zuzusebreiben ist. So artet der mit unsäglichen Kosten in grosser Menge überall angelegte, aus den besten Lagen aller Länder bezogene Wein so aus, dass man ihn im Geschmacke nicht wieder erkennt, das Obst bleibt klein und ist unschmackhaft, Bäume erreichen keine bedeutende Höhe und Stärke, die eingeführten Merinoschafe verwildern und liefern grobe Landwolle u. s. w. Die Darstellung des Vfs. ist, wie bekannt, gefällig und durchweg anziehend.

[18] Bericht eines Forschers im tropischen Südafrika. Von Frc. Galton. Aus dem Engl. Nebst 5 Abbildd. în Tondr., 1 Tafel mit 6 Kpfrn. u. 1 Buntdruckkarte. Leipzig, Dyk'sche Buchh. 1854. XII u. 180 Š. gr. (1 Thlr. 27 Ngr.)

8.

Die Uebertragung vorliegenden Berichts aus dem Englischen ins Deutsche kann von vorn herein als eine verdienstliche Arbeit bezeichnet werden, obschon das Deutsch des ungenannten Uebersetzers nicht immer und überall das verständlichste und fliessendste ist. Doch diess nur beiläufig, zumal der an interessanten Einzelnheiten ausserordentlich reiche Inhalt des Buches jenen Uebelstand leicht übersehen lässt. Liebe zu Abenteuern und insbesondere zur Jagd giebt der Vf. (S. 1) selbst als die Beweggründe an, welche ihn. hauptsächlich veranlassten, diese Reise zu unternehmen. Mehr untergeordnet erscheinen dagegen als fernerweite Motive der Wunsch und die Hoffnung, in den ungeheuern und noch so wenig gekannten Regionen viel zu entdecken, was nicht nur neu, sondern auch nülzlich und interessant sein dürfte. Ausgangspunct der Reise war das Vorgebirge der guten Hoffnung, von welchem aus der Vf. im Aug. des J. 1850 mit einer aus etwa vierzig Personen bestehenden Reisegesellschaft aufbrach; wir würden jedoch dem Leser nothwendiger Weise zuvor die dem Buche beigegebene gute Specialkarte des Damaralandes und der anliegenden Länder in die Hand wünschen müssen, wollten wir es versuchen, dem Reisenden von Station zu Station zu folgen. Die nur genannte, an der Südwestküste Afrika's gelegene Gegend, das Land der Damaras - kriegerischer HirtenDeger wurde von ihm zuerst untersucht, darüber hinaus ferner ein weiter von Hottentottenureinwohnern bevölkerter Landstrich und nördlich von diesem die äusserst fruchtbare,,Owampo," von einem ebenso intelligenten als gutmüthigen Negerstamme bewohnt, welcher sehr sorgfältigen Ackerbau treibt. Die Rückreise nach dem Süden erfolgte im Dec. des J. 1851 und es erübrigt uns an dieser Stelle nur noch, in der Kürze die Ergebnisse des Unternehmens zu resü

miren. Der Vf. bezeichnet im Vorworte als hauptsächlichsten Erfolg seiner Tour die Ausfüllung jener Leere auf unsern Karten, welche, zwischen der Capcolonie und den westlichen Ansiedlungen der Portugiesen liegend, sich nach dem Innern (Afrikas) bis zu dem neuerdings entdeckten See 'Ngamie erstreckt. Aus der Naturgeschichte wurden wenig neue Gegenstände kennen gelernt und gesammelt, weil der fragliche Tract zum grössten Theile hohes dürres Plateau ist, das wenige Abwechselung im Thier- und Pflanzenleben enthält. Den nützlichen Erfolg aber kann die Reise vielleicht haben, für Missionsunternehmungen unter den Owampo neue Aussichten zu eröffnen.,,Wenn nämlich, sagt der Vf. (S. IV), Philanthropen fortfahren, die Civilisation Afrikas eifrig zu befördern, so sollten die merkwürdigen Vortheile des Owampolandes, als der Boden zum Hebel in diesen Sachen (?), nicht aus den Augen verloren werden. Das gesunde Klima, die Lage des Landes, die Intelligenz und ordentlichen Gebräuche der Eingeborenen, ihr Hang zum Reisen und Handeln, und endlich der leichte Zugang, den es von einer gesunden Seeküste aus gewährt, bilden höchst genügende Empfehlungen. Rechnet man noch hinzu, dass das Owampoland, obgleich es an ein Sclaven lieferndes Land gränzt, an sich selbst von dieser Geissel frei ist und die christliche Lebre dort einem Vorurtheil weniger zu begegnen haben würde" u. s. w., so verdient dieser Wink wohl Beachtung. Und aus diesem Grunde vorzugsweise möchten wir das Buch, dessen Werth durch die beigegebenen Abbildungen, Karten und statistischen wie historischen Uebersichten nicht unwesentlich erhöht wird, der Aufmerksamkeit aller bei jenem hochwichtigen Werke der Heidenbekehrung Betheiligten hiermit dringend empfehlen!

[19] Amerika. Die politischen, socialen und kirchlich religiösen Zustände der Vereinigten Staaten von Nordamerika mit besonderer Rücksicht auf die Deutschen aus eigener Anschauung dargestellt von Dr. Phil. Schaff, Professor der Theologie zu Mercersburg in Pennsylvanien. Berlin, Wiegandt u. Grieben. 1854. XXI u. 278 S. gr. 8. (n. 1 Thlr. 19 Ngr.)

Vorliegende Schrift verdient die vollste Aufmerksamkeit, denn sie behandelt einen Gegenstand in möglichst eingehender und authentischer Weise, über welchen bisher eine ungenügende und nicht durchweg sichere Kunde vorhanden war. Dieselbe entstand aus Vorträgen, welche Hr. Schaff - seit Herbst vorigen Jahres auf einer längeren Urlaubsreise durch Schottland, England, Frankreich, Deutschland, Oberitalien, Schweiz, Niederlande begriffen während eines Besuches in Berlin im März d. J. hielt. Ihr Verfasser, ein Schüler Neanders und früher Docent an der Universität zu Berlin, den Theologen durch seine Schrift über „,,die Sünde wider den heil. Geist wie durch seine ,,Geschichte der apostol. Kirche" (vgl. Jahrg. 1854. Bd. IV. No. 4816.) längst rühmlich bekannt, seit einem Jahrzehend in Nordamerika als Professor der Theologie zu Mercersburg wirksam, war besonders befähigt, die Zustände seiner neuen Heimath, namentlich die eigenthümliche Gestalt des kirchlichen Lebens

zu schildern, da er sich dabei ganz auf dem Gebiete eigener Erfahrung und unmittelbarer Anschauung bewegt, und er will sich eben so wenig zum unbedingten Lobredner als zum schonungslosen Tadler der Nordamerikaner aufwerfen. Allerdings ist ihm Nordamerika, was auch aus dessen ehrwürdiger Mutter Europa werden möge, im emphatischen Sinne ein Land der Zukunft; worin er aber kein Verdienst seiner Einwohner erblickt, die natürlich an und für sich um kein Haar besser sind als die Europäer, sondern die Gunst der Vorsehung, und diese müsse sie ernst und demüthig machen, um ihre Aufgabe treu und gewissenhaft zu lösen. Während Europa im reifsten Mannesalter stehe, sei Nordamerika noch ein unreifer, doch frischer und lebenskräftiger Jüngling, ein Riesenjüngling, der bereits ein neues Blatt der Welt- und Kirchengeschichte aufgeschlagen habe und es sicherlich mit grossen Thaten voll schreiben werde. Im 1. Abschnitte (S. 4-67) schildert der Vf. die Bedeutung, Politik, den Nationalcharakter, die Bildung, Literatur und Religion der Vereinigten Staaten. Der Grundstamm der nordamerikanischen Nationalität ist englisch und eine gewisse Durchschnittsbildung allgemein, indem die staatlichen Institutionen eine nivellirende Tendenz haben, welche die Cultur weniger auf gewisse Stände einschränkt. Die Nordamerikaner sind nicht ein rein materialistisches Geschlecht, haben vielmehr das regste Interesse an allen Zweigen höherer Geistesbildung und beurkunden dasselbe zuweilen durch eine wahrhaft fürstliche Liberalität. Es giebt viele Fälle in Neu-England, wo einzelne Individuen Hunderttausende von Dollars für die Gründung von wissenschaftlichen Anstalten aus freiem Antriebe hergegeben haben. Daher auch die grosse in raschem Wachsthum begriffene Zahl von Collegien, Seminarien, Akademien und literarischen Associationen. Die Elementarbildung ist jetzt grossentheils von den einzelnen Staaten in die Pflege genommen worden; mehrere derselben haben ein allgemeines Freischulensystem eingeführt, durch welches selbst dem Aermsten die Anfangsgründe des Wissens zugänglich gemacht werden. So bestehen dort auch schon ansehnliche Bibliotheken, wie zu Cambridge, Boston, Neu-York, Philadelphia, Washington. Jede wissenschaftliche Anstalt hat eine grössere oder geringere Büchersammlung; z. B. die Neandersche Bibliothek ist gegenwärtig in einem baptistischen Seminar zu Rochester im Staate Neu-York und die Thilo'sche im Yale College zu New-Haven. Bereits beginnt auch eine selbstständige amerikanische Literatur; manche ihrer Werke erlangten europäischen Ruhm. Zwei Eigenthümlichkeiten aber hat der kirchlich-religiöse Charakter Nordamerikas, die ihm von demjenigen der alten Welt unterscheiden. Zuvörderst bildete hier den historischen Ausgangspunct der kirchlichen Verhältnisse der Katholicismus, dort aber hat umgekehrt Alles protestantisch begonnen und die katholische Kirche kam erst später als eine immerhin untergeordnete Secte zu den anderen hinzu; dann ist charakteristisch die Trennung von Kirche und Staat, indem erstere zwar den Schutz des letzteren für ihr Eigenthum geniesst, aber ihre Angelegenheiten

« PreviousContinue »