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Olympiade; sein Leben und Tod sind in Dunkel gehüllt. Cap. 2 (S. 15-39) bespricht die wissenschaftliche Thätigkeit Metons und sein Auftreten in den Vögeln des Aristophanes. In diesen erscheint er als Geometer persönlich auf der Bühne und wird von Peisthetairos mit der Peitsche vertrieben; warum er von Aristophanes auf diese Weise verhöhnt wurde, hat den Erklärern viele Schwierigkeiten gemacht. Nach dem Vf. bezieht sich die Verspottung Metons nicht auf ein bestimmtes Factum, sondern hier ist eine Scene aus dem grossen Kampfe, den der conservative Komiker gegen die Neuerungen seiner Zeit auf dem Gebiete der Politik, der Religion, der Wissenschaft und der Kunst gekämpft hat. Meton scheint in der Anlage von Städten dem neuen Regelmässigkeitssysteme des Hippodamos von Milet gehuldigt zu haben und hat vielleicht bei der Gründung athenischer Colonien seine Kunst in dieser Art bewährt. Er war vermuthlich in der Messkunst, wie in seinem Hauptfache der Astronomie, ein Sophist. Von seinen Arbeiten kennen wir: eine Wasserleitung; ein Instrument zur Beobachtung des Sommersonnenwendetags, Heliotropion genannt; die Berechnung eines neuen Schaltcyklus und die Anfertigung eines Kalenders. Der Schaltcyklus sollte dem längst gefühlten Bedürfnisse abhelfen, das Mondjahr dem Sonnenjahr commensurabel zu machen, da der bisher übliche Cyklus von 8 Jahren dies in sehr ungenügender Weise that; der Kalender war zu 19 Jahren nach Maassgabe des neuen Schaltcyklus berechnet. Als sein Mitarbeiter bei der Kalenderverbesserung wird Euktomon genannt. Cap. 3 (S. 40-58) verbreitet sich über die verschiedenen Ansichten über die Beschaffenheit des Metonischen Cyklus. Die ausführlichsten Notizen über denselben giebt Geminos. Der Cyclus enthielt 6940 Tage auf 235 Monate vertheilt, von denen 110 hohl waren, d. h. nur 29 Tage enthielten, die übrigen 125 aber volle Monate zu 30 Tagen. Ueber die Vertheilung der 7 Schaltjahre (von je 13 Mondmonaten) haben unter den ältern Gelehrten Scaliger, Petavius und Dodwell verschiedene Ansichten aufgestellt. Als Meton in Athen mit seinem neuen Cyklus auftrat, bedienten sich die meisten griechischen Staaten des 8jährigen Schaltcyklus, den manche von ihnen gewiss noch lange nach Meton beibehielten, während andere den neuen Cyklus annahmen. Die Epoche des Metonischen Cyklus ist die erste vovunvía (d. h. der Abend, an welchem der Mond nach dem Neumond zuerst wieder sichtbar ward, nach dem Sommersolstitium 432 v. Chr. Cap. 4 (S. 58-74) beleuchtet die Frage: wann der Metonische Cyklus in Athen eingeführt worden sei? Nach mehreren Inschriften hält es der Vf. aber für ausgemacht, dass der gedachte Cyklus zwischen dem 3. Jahr der 92. und dem 3. der 116. Olympiade in Athen eingeführt worden sei; eine genauere Bestimmung ist mit den vorhandenen Hülfsmitteln nicht möglich. — Zahlreiche Citate sind am Schlusse jedes Capitels beigebracht und legen von der Belesenheit und Gründlichkeit des Vfs. ein rühmliches Zeugniss ab.

[204] Des D. Junius Juvenalis sechste Satire. Mit Einleitung und Uebersetzung von Ed. Casp. Jac. v. Siebold, Prof. der Medic. und Geburtsh. zu Göttingen u. s. w. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. 1854. XII u. 48 S. Lex. 8. (n. 15 Ngr.)

Durch diese separate Bearbeitung einer der gewaltigen Satiren Juvenals, die bekanntlich schon durch ältere Herausgg, unter manchen besondern Titeln z. B.,,Mulierum flagitia et scelera,“,,In libidinem mulierum,“,,Quod non ducenda sit uxor“ u. s. w. — dieses Privilegium erlangt hatte, ist die Kritik und das Verständniss derselben nach mancher Seite hin nicht ungefördert geblieben. Gleich die gemüthliche Widmung an seinen Collegen K. F. Herrmann setzt den Leser auf einen erwünscht-vertrauten Fuss mit dem kenntnissreichen Herausg. Die an jene sich anschliessende Einleitung (S. 1

12) giebt, ausser der Bestimmung der Zeit, in welcher die 6. Satire geschrieben sei, in der ersten Hälfte Bemerkungen allgemeinen Inhalts, namentlich in Urtheilen über Juvenal aus dem Munde neuerer Kritiker, modificirt in diesen Einiges und sucht solchergestalt manch neuen Zug zur Charakteristik des strengen Sittenrichters zu gewinnen; dann läuft sie in eine ausführlichere Inbaltsangabe der betr. Satire aus. Plan und Ordnung leuchte auf diese Weise am besten ein; durch das immense Material, welches der Dichter in dieser Satire verarbeitet habe, erscheine gerade bei ihm das Verfahren dieser Zergliederung oder der Uebertragung des Dichters in kurze Prosa um so mehr gerechtfertigt, als der Ideengang der Dichtung dadurch am besten vorgezeichnet und der Dichter selbst verständlicher werde. Den übrigen Raum (47) besetzt die mit vielem Fleisse ausgearbeitete und dem gegenüberstehenden lateinischem Texte möglichst angeschmiegte Uebersetzung im Metrum des Originals, die äboliche Versuche, wie sie es doch immer bleiben, hinter sich lässt, wie wir sie von Donner, Weber, Gliemann u. A. haben; dass manche gar zu drastische Stellen gemildert oder umschrieben erscheinen, kann nur gebilligt werden. Der Text ist nach der Recension von K. F. Hermann in der so eben hervorgetretenen Teubnerschen Ausgabe aufgenommen, deren Aushängebogen der Herausg. benutzen durfte. Nur in einer Stelle (v. 276) behält er statt,,Uruca" das frühere,,Curruca" bei; er habe, heisst es in der Dedication, das kleine Vögelchen, welches Hermann habe wegfliegen lassen, wieder eingefangen, da ihm curruca dichterischer vorgekommen sei. Wem die alte Lesart nicht gefalle, könne sie ja leicht durch ein paar Striche im Texte verbessern und dann statt ,,Grasmücke" in der Uebersetzung nur Hahnrei" setzen, so sei die restitutio in integrum erfolgt. So wenig man auch einen Schriftsteller für das, was er nicht giebt, verantwortlich machen kann, so scheint es doch, als ob der Herausg. dieses Juvenalischen Pertinenzstücks durch einen Commentar allseitiger für das Verständniss desselben hätte eintreten können, als durch die Uebersetzung allein. Möglich, dass er einmal später darauf zurückkommt, da er p. IX

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sagt, Juvenal habe seine locos medicos und lasse in dieser Beziehung Erläuterungen von sachverständiger Hand wohl Raum.

[205] Unterhaltungen aus der alten Welt für Garten- und Blumenfreunde. Drei Vorträge, gehalten in den Versammlungen des Vereins zur Beförde rung des Gartenbau's in Gotha von Ernst Fr. Wüstemann. Gotha, (Gläser.) 1854. VIII u. 68 S. gr. 8. (n. 12 Ngr.)

Nur annähernd würde man durch die früher sehr gewöhnliche Bezeichnung,,eleganter Philologie" das, was die hier gebotenen Vorträge auszeichnet, kenntlich machen; denn unter jenem Titel pflegte sich doch auch oft manches Unnöthige, Pedantische und Bombastische zu verstecken und anzubringen. Viel sicherer ist es, im vorlieg. Falle das mit Lob und Beifall Anzuerkennende kurz ,, Friedr. Jacobs'schen Geist" zu nennen, der hier wohlthuend und reizend sich entfalte. Das mustergültige, fliessende Deutsch, in welchem jener Meister Gegenstände des classischen Alterthums seinen Lesern nahe zu bringen wusste, und sie durch eine Fülle von Belesenheit und doch immer in passendster Auswahl aus Quell- und Subsidiarschriften zu erläutern und auf diese Weise Altes und Neues mit einander zu verknüpfen verstand Beides trifft man auch hier an; es fehlen weder die labia attico rore libata, noch das Füllhorn weitreichender Belesenheit, aus welchem die jedesmal auftretenden Mittheilungen trefflich erläutert werden, und wenn schon nach diesen beiden Seiten hin die gebotenen Vorträge sich bestens empfeh len und für einen ausgebreiteten Leserkreis eignen, so tritt dazu noch der günstige Umstand, dass hier einmal die Philologie zugleich in den unmittelbaren Dienst der Wissenschaften tritt, welche sich jetzt ein so grosses Uebergewicht zu verschaffen gewusst haben, der Naturwissenschaften, und ihren Förderern und Freunden durch schlagende Beispiele einen gegenseitigen Zusammenhang jener beiden Wissenschaften aufzeigt, welcher doch wohl Vielen nicht so klar vorgelegen hat. Denn wenn auch die jetzt im Gebiete der Naturwissenschaften gemachten Fortschritte wahrhaft bewunderungswürdige Resultate vorlegen und noch staunenswerthere in Aussicht stellen, weil man sich mit Fag und Recht an Seneca's geistvollen Ausspruch: Magni viri non inventa, sed quaerenda nobis reliquerunt (ep. 45), halten darf: so ist es doch auch dieser vorgeschrittenen Zeit ganz würdig und geziemend, das Verdienst des Alterthums nicht zu ignoriren und dem Ausspruche des Plinius: Non est satis mirari curam diligentiamque priscorum, qui omnia scrutati nihil intentatum reliquere (hist. Dat. 23, 6), gerecht zu werden. Es werden aber, um näher auf das hier zu Besprechende zu kommen, 3 Aufsätze geboten, welche, schon räumlich einer den andern überbietend, in steigendem Maasse die Gunst der Leser in Anspruch zu nehmen wissen. Der 1.:,,Einiges über das Veredeln der Bäume bei den Alten" (S. 1116) weiset, mit Beschränkung auf die Römer, nach, dass sie nicht nur die drei jetzt noch gebräuchlichen Arten der Veredelung, das Pfropfen, Copuliren und Oculiren, kannten, sondern auch

noch manche Abarten der Kunst des Veredelns in Anwendung brachten und besondere Vortheile in deren Handhabung kannten. Der 2.:,,Ueber die Papyrusstaude und die Fabrication des Papieres bei den Alten" (— 33) ist voll des interessantesten, überall durch Anschluss an sichere Gewährsmänner wohlverbürgten Details. Es wird von einer genauen Beschreibung des Papiergrases ausgegangen, bei welcher der Vf. durch Schleidens Vermittelung seinem Zuhörerkreise ein wohlerhaltenes, bei der Quelle Cyane am Anapus bei Syrakus gewachsenes Exemplar vorlegen und so durch Autopsie Irrthümer früherer Gelehrter vermeiden konnte; dann kommt der mannichfaltige Gebrauch dieser Pflanze bei den Egyptern zur Sprache, vorzugsweise zum Schreibmateria dessen Fabrication anschaulich beschrieben wird. Ref. bringt aus den trefflich verknüpften Notizen hier nur in Erwähnung, dass die Versuche der Neueren, jene Papierfabrication wieder herzustellen, vorzüglich von dem sicilian. Ritter Landolina und dem Engländer Stoddhart gefördert wurden. Letzterer, welcher mehrere Jahre in Sicilien verlebte, war schon so weit, dass er Musterkarten von vielen Sorten Druck- und Schreibpapier mit den Preisen vorlegte und die Production desselben zu einem neuen Industriezweige zu erheben gedachte, als sein um 1836 erfolgter Tod die weitere Ausführung verhinderte. Im Fortgange des Vortrages wird über das Alter des Papiers, über die Vervollkommnung seiner Fabrication zur Zeit der Kaiserherrschaft in Rom, über seine Verbreitung und Verwendung, über den Handel mit ihm u. s. w. berichtet und einige Notizen über wichtige Entdeckungen, die man auf dem Gebiete der griech. Literatur durch Auffindung von Papyrusrollen in neuerer Zeit machte, bringen den Schluss. Der 3.:,,Die Rose, mit besonderer Rücksicht auf deren Kultur und Anwendung im Alterthum" (— 63) ist die Krone des Büchleins. Obgleich der Vf. bevorwortet, dass er nicht entfernt auf eine nur mässige Erschöpfung des Gegenstandes Anspruch mache, da er, blos auf seine eigenen Sammlungen; beschränkt, alle Vorarbeiten früherer Gelehrten entbehre, so darf man doch zuversichtlich sagen, dass er durch diesen mit den umfangreichsten Anmerkungen und Nachweisungen ausgestatteten Vortrag die anerkennungswertheste Unterlage zu einer Monographie der Rose, so weit sie der alten classischen Welt angehört, geliefert habe, die in der Reihe instructiver und anregender antiquarischer Abhandlungen ihren Ehrenplatz behaupten wird. Ausgehend von der Anzahl der den Alten bekannten Rosenarten, die sich im Vergleich mit unserer Kenntniss auf ein sehr bescheidenes Maass auf 4 Hauptarten: rosa cynosbatus, canina, pimpinellifolia, gallica, mit ihren Varietäten- beschränkt, bespricht dann der Vf. ihre Zucht aus Samen und Wurzelausläufern oder Ablegern, dann ihre Anpflanzungsart, einzeln und gruppenweise, in Töpfen und im Freien. Sehr ausführlich wird weiterhin die Verwendung der Rosen durchgegangen; Rosenkränze und ihre vielfache Anwendung, Blätter der Rosen und ihre Verwendung zu RosenWasser, -Oel, -Pomade, - Pulver u. s. w. bilden Hauptpuncte; ihre

Anwendung in der feinen Kochkunst wird unter Mittheilung der Küchenrecepte erläutert; dann ihr ausgedehnter officineller Gebrauch. Zuletzt wird auch noch sehr ansprechend das Feld der Poesie und Kunst beschritten, auf welchem gerade dem Alterthumsforscher die schönsten Früchte geboten werden. Ohne näheres Eingehen auf die einzelnen Schriftsteller werden doch die sinnigsten Mythen des Alterthums über die Entstehung der Rose und deren Allegorie für Poesie und Kunst vorgeführt und reicher literarischer Apparat wird näher eingehenden Forschungen sehr förderlich sein können. Es kann Ref. nur leid thun, dass er seine kurze Anzeige nicht gleichzeitig als Abbild der trefflichen Darstellung des Vfs. gelten lassen darf; aber auch in der unvollkommenen Fassung hofft er dafür, dass er auf das sinnige Schriftchen aufmerksam machen durfte, den Dank Vieler zu ernten, die sich näher mit ihm befreunden werden.

Mathematische Wissenschaften.

[206] Lehrbuch der Variationsrechnung und ihrer Anwendung bei Untersuchungen über das Maximum und Minimum. Von Dr. Fr. Ludw. Stegmann, ord. öffentl. Prof. der Mathem. an der Univ. zu Marburg. Cassel, Luckhardt. 1854. XVI u. 417 S. m. 2 lith. Taf. gr. 8. (2 Thlr. 15 Ngr.)

Dass die Variationsrechnung bisher nur selten mit der wünschenswerthen und eigentlich nöthigen Ausführlichkeit und Genauigkeit abgehandelt worden ist, dürfte nicht in Abrede zu stellen sein. Ausser Dirksens analytischer Darstellung der Variationsrechnung und Ohms Lehre vom Grössten und Kleinsten gab es lange Zeit kein speciell der Variationsrechnung gewidmetes Lehrbuch. Zwar ist in der neuesten Zeit durch Strauchs,,Theorie und Anwendung des sogenannten Variationscalculs" eine bisher bemerkbare Lücke ausgefüllt worden; aber das hier vorliegende Werk, das beim Erscheinen des eben genannten bereits in Angriff genommen war, wird durch dasselbe keineswegs überflüssig gemacht, denn es empfiehlt sich durch eigenthümliche Vorzüge, und mit Grund darf behauptet werden, dass der Verfasser sich durch die Herausgabe desselben ein wahrhaftes Verdienst erworben hat. Um so erfreulicher ist die durch Erscheinen der zweiten Abtheilung erfolgte Vollendung des Werkes. Die einzelnen Abschnitte desselben sind: Cap. I. Von den Variationen überhaupt, S. 1-11. Cap. II. Variationen der Ausdrücke, in denen Functionen einer einzigen Independenten, jedoch keine Integralien vorkommen, S. 11-84. Cap. III. Variationen der einfachen Integralausdrücke mit einer independenten Variabeln, S. 84-165. Cap. IV. Von der Bestimmung des Maximum und Minimum bei Combinationen einfacher Integralien oder wenn gewisse Beschränkungen vorgeschrieben sind, S. 165-265. Cap. V. Von den mit gleichzeitigen Aenderungen der independenten Variabeln gemischten Variationen, S. 265-327. Ein Anhang zu Cap. I-III. handelt von

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