Goethes Werke: Vollstandige Ausgabe letzter Hand, Volume 59

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Page 11 - Alles, was Meinungen über die Dinge sind, gehört dem Individuum an, und wir wissen nur zu sehr, daß die Überzeugung nicht von der Einsicht, sondern von dem Willen abhängt; daß niemand etwas begreift, als was ihm gemäß ist und was er deswegen zugeben mag.
Page 4 - Licht zu entwickeln, sie sucht uns vielmehr zu überzeugen, daß die Farbe zugleich von dem Lichte und von dem, was sich ihm entgegenstellt, hervorgebracht werde.
Page 13 - ... auf eine Weise verfährt, die dem Mathematiker geziemt. Denn dieser setzt, wenn er belehren will, das Einfachste voraus, und baut aus den begreiflichsten Elementen sein bewundernswürdiges Gebäude zusammen. Newton hingegen stellt den kompliziertesten subjektiven Versuch, den es vielleicht gibt, an die Spitze, verschweigt seine Herkunft, hütet sich, ihn von mehreren Seiten darzustellen, und überrascht den unvorsichtigen Schüler, der wenn er einmal Beifall gegeben, sich in dieser Schlinge gefangen...
Page 20 - Beobachter nunmehr, nach unsrer umständlichen Anleitung, leicht überzeugen kann. Wie es dagegen um die Newtonische Beobachtungsgabe und um die Genauigkeit seiner Experimente stehe, wird jeder, der Augen und Sinn hat, mit Verwunderung gewahr werden; ja man darf dreist sagen, wer hätte einen Mann von so außerordentlichen Gaben, wie Newton war, durch ein solches Hokuspokus betrügen können, wenn er sich nicht selbst betrogen hätte?
Page 11 - Im Wissen wie im Handeln entscheidet das Vorurteil alles, und das Vorurteil wie sein Name wohl bezeichnet, ist ein Urteil vor der Untersuchung. Es ist eine Bejahung oder Verneinung dessen, was unsre Natur anspricht oder ihr widerspricht; es ist ein freudiger Trieb unsres lebendigen Wesens nach dem Wahren wie nach dem Falschen, nach allem was wir mit uns im Einklang fühlen.
Page 245 - -x«^o«' nicht bemerken werde, liegt in der Natur, indem die Farben welche auf diese Stelle fallen, drei Sonnenbilder und also eine dreifache Erleuchtung hinter sich haben.
Page 186 - Konklusion ergo bibamus passe zu allen Prämissen. Es ist schön Wetter, ergo bibamus! Es ist ein häßlicher Tag, ergo bibamus! Wir sind unter Freunden, ergo bibamus! Es sind fatale Bursche in der Gesellschaft, ergo bibamusf So setzt auch Newton sein ergo zu den verschiedensten Prämissen.
Page 10 - Die Phänomene lassen sich sehr genau beobachten, die Versuche lassen sich reinlich anstellen , man kann Erfahrungen und Versuche in einer gewissen Ordnung aufführen, man kann eine Erscheinung aus der andern ableiten, man kann einen gewissen Kreis des Wissens darstellen, man kann seine Anschauungen zur Gewißheit und Vollständigkeit erheben, und das, dächte ich, wäre schon genug.
Page 65 - Person, welche selbst unter allen Qualen bei der Wahrheit verharrt. Steht es anders im Protokoll, so hat der Inquisitor falsch gehört, der Schreiber falsch niedergeschrieben. Sollte darauf eine solche untergeschobene Aussage für eine kleine Zeit gelten, so findet sich doch wohl in der Folge noch jemand, welcher sich der gekränkten Unschuld annehmen mag; wie wir uns denn gegenwärtig gerüstet haben, für unsere Freundin diesen Ritterdienst zu wagen.
Page 65 - Es ist dieses das sogenannte experimentum crucis, wobei der Forscher die Natur auf die Folter spannte, um sie zu dem Bekenntnis dessen zu nötigen, was er schon vorher bei sich festgesetzt hatte. Allein die Natur gleicht einer standhaften und edelmütigen Person, welche selbst unter allen Qualen bei der Wahrheit verharrt. Steht es anders im Protokoll, so hat der Inquisitor falsch gehört, der Schreiber falsch niedergeschrieben.

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